17. Oktober 2010

Der Igel und seine natürliche Nahrung

Von was ernährt sich der Igel seit 40 Millionen Jahren?

Von Katzenfutter, Milch und „speziellem Igelfutter“ sicher nicht. Unser Igel (Erinaceus europaeus) gehört zu der alten Säugetierordnung der Insektenfresser. Also stehen Insekten und ihre Larven auf seinem Speisezettel, aber auch kleine, andere Wirbeltiere, Aas, Schnecken, gelegentlich reife Früchte und vor allem Regenwürmer. Sein Gebiss mit den spitzen Zähnchen ist genau an diese Nahrung angepasst. Doch diese Nahrung hinterlässt Spuren an seinen Zähnen: Weil die Regenwürmer nährstoffreiche Erde einschließlich kleiner Sandkörnchen verschlucken, schmirgeln sich die Igelzähne nach und nach ab. Das erkennt man an den Zähnchen mit den schwarzen Punkten in Mitte ihrer Kaufläche. In diesem Fall sind die Zähne schon bis zum Zahnmark (Zahnpulpa) abgeschliffen. Der Schädel auf dem Bild stammt daher von einem alten Igel, der eines natürlichen Todes starb.



Igelschädel
Schädel eines alten Igels. Zum Größenvergleich links ein Maiskorn. Im Unterkiefer haben die Zähnchen in der Mitte schwarze Punkte. Das sind die Zahnhöhlen, die durch Sandkörnchen aus den Regenwürmern freigeschmirgelt wurden.



Natürliches Futter für den Igel, aber wie?

Igel füttert man am besten dadurch, dass man ihre natürliche Nahrung fördert. Dazu muss man seine Futtertiere fördern und die leben von pflanzlichem Abfall. Im Garten sind das vor allem Rasenschnipsel und Laub und alles, was man kompostieren kann. Alles was am und im Boden an Kleintieren lebt und was der Igel liebt, lebt von diesen pflanzlichen Abfällen. Je mehr davon im Garten bleibt und je weniger in den Gartencontainer wandert, desto mehr natürliche Nahrung wird der Igel finden. Davon profitieren auch der Maulwurf und die winzigen Spitzmäuse, die wie der Igel ebenfalls zur Ordnung der Insektenfresser gehören.





Spitzmaus
Spitzmäuse werden nicht alt. Sie haben eine spitze Schnauze und sind als Insektenfresser nicht mit den echten Mäusen verwandt.


Die Zahl der Kleintiere pro Quadratmeter Laubboden geht in die Tausende, die meisten sind winzig klein und für uns unsichtbar. Trotzdem sorgen sie zusammen mit Milliarden von Mikroorganismen dafür, dass Jahr für Jahr das Herbstlaub und alle anderen abgestorbenen Pflanzenreste „verschwinden“. Ohne sie würde das alles liegen bleiben und hätte längst alles unter sich erstickt. Das ist der Grund, warum auch im Wald das Laub immer wieder verschwindet, obwohl niemand dort Laub fegt oder bläst. Im Wald ist das sogar verboten. Beim Regenwurm kann man sogar zusehen, wie er Blätter in seine Röhre zieht. Ohne Blätter fehlt es dem Regenwurm an Futter und damit dem Igel auch, weil er ganz oben auf seiner Speisekarte steht. Nachts kommen die Regenwürmer heraus und nachts geht der Igel auf Pirsch.



Regenwurmhäufchen
Regenwurmkot im Rasen. Er besteht aus sandiger Erde, befreit von allem, was der Regenwurm verdaut hat. Der Sand schmirgelt die Igelzähne ab.





Igelstacheln
Die Stacheln des Igels (unten) sind spitzer als Stahlnadeln (oben)!





F.B. / 14.10.2010

12. Oktober 2010

Ein Herz für Igel

Aus Sicht des Naturschutzes gehört der Igel zu den geschützten Tierarten, die weder gefangen, verletzt noch getötet werden dürfen. Daher dürfen nur verletzte oder kranke Igel zeitweise gepflegt werden, bis sie wieder freigelassen werden können. So jedenfalls bestimmt es das Gesetz
Warum? Igel kommen besser ohne menschliche Hilfe über den Winter. Das gilt auch für Igel, die weniger als 500 g wiegen. Außerdem sind die Winter milder geworden. Im Spätherbst laufen Igel entgegen ihrer sonstigen Gewohnheit auch am Tage herum. Gerade die Jungtiere müssen sich für den bevorstehenden Winterschlaf noch Fettreserven anfressen. Sie sind nicht etwa hilflos.
Igel füttern? Die Igel gehören zu den Insektenfressern. Die gibt es seit 40 Millionen Jahren und die gelten als Urahnen der Primaten und auch der Gattung Homo, also der Menschen. Die aber gibt es erst seit 2 Millionen Jahren. Igel wissen selbstverständlich instinktiv, wie sie ihr Futter ohne Menschen finden. Und ebenso selbstverständlich wissen sie besser als wir, was ihnen bekommt und was nicht. Daher Igel nicht füttern
Er hat den Winter ohne menschliche Hilfe überlebt.
Was kann man für den Igel tun? Wer dem Igel helfen will, macht seinen Garten igelfreundlich. Er verzichtet darauf, den Garten im Herbst „fertig“ zu machen. Igel leiden unter dieser übertriebenen Sauberkeit. Laub nur von den Wegen fegen und unter die Sträucher verteilen und Fallobst liegen lassen. Das schafft dem Igel eine Speisekammer, die er auch an wärmeren Wintertagen nutzen kann und das nützt auch den Vögeln und vielen anderen Kleintieren. An einer ruhigen Stelle ihm einen Haufen mit Laub und Reisig als Winterquartier aufschichten, vor den man auch etwas Fallobst schütten kann. Zum Nachbarzaun Durchlässe für den Igel schaffen. Sein Lebensraum ist viel größer als die meisten Grundstücke. Das zwingt ihn oft, über Straßen zu laufen, wo er immer wieder überfahren wird. Keine Gifte im Garten verwenden, kein Schneckenkorn streuen!
Aus der Sicht des Tierschutzes sieht es ähnlich, aber doch anders aus. Da ist der Igel ein Sympathieträger. Er ist geradezu ein Symbol des Tierschutzes, wie das Sparschwein für den Sparer. Jeder kennt ihn aus vielen Kindergeschichten und Märchen und jeder freut sich, wenn er ihn sieht, erst recht, wenn er noch klein ist oder wenn er gar eine Igelmutter mit ihrer Kinderschar entdeckt.
Ein Herz für Igel, wer hat das nicht? Und das ist auch gut so, denn am Tierschutz beweist sich unsere wahre Kultur. Aber gerade deswegen sollten die Igelfreundinnen und Igelfreunde ein wenig mehr auf das achten, was man inzwischen von diesem Wildtier weiß und wie man Igeln richtig hilft. Das Wichtigste ist, dass man lieber zweimal überlegen sollte, ob er wirklich gefüttert werden muss oder in menschlicher Obhut überwintert werden muss. Ganz einfach, dem Igel zuliebe!
FB/BW 12. 10. 2010