8. Oktober 2015

Igel im Herbst

Igelkinder suchen Futter im Garten


Ab September werden die Tage kürzer, die Nächte kälter und Tiere, die Winterschlaf halten, treffen ihre Vorbereitungen, um gut über den Winter zu kommen. Am besten können wir das bei den Igeln in unserem Garten sehen oder auch bei Landschildkröten, falls solche bei uns leben .

Die Igel sind jetzt vermehrt auf Nahrungssuche, sie müssen sich eine Speckschicht für den Winter zulegen. Das heißt sie nützen jede schöne Stunde, um im Garten etwas Fressbares zu finden. Wenn sie also mittags im Sonnenschein über die Wiese laufen, sind sie nicht krank und brauchen unsere Hilfe, sondern verhalten sich ganz normal. Was sie zusätzlich benötigen, ist ein trockenes Winterquartier, in dem sie sich verstecken können. Das sind Laubhaufen, die der Gartenbesitzer unter Bäumen und Sträuchern aufgehäuft hat.

Leider hat vermeintliche Tierliebe in den letzten Jahre seltsame Blüten getragen. „Tierfreunde“ legen Katzen- und Hundefutter für die Igel aus, damit sie ja über das magische Körpergewicht von 500 g kommen und besorgen für sie Äpfel aus dem Supermarkt, vergessen dabei aber ganz, dass der Igel ein Insektenfresser ist (sein Gebiss beweist es!), der sich aus den überreifen schon angefaulten Äpfeln, die Insekten herausholt, z. B. die „Würmer“ bei denen es sich um Raupen von Kleinschmetterlingen handelt. 



In überreifen Gartenäpfeln findet der Igel zahlreiche Kleinstlebewesen. die ihm sehr gut schmecken.
Der Igel ist ein Insektenfresser!


Manche „Igelfreunde“ besorgen sich auch kleine Rezeptbücher , aus denen man gesunde, vitaminreiche und fettarme Igelkost nachkochen kann. Zudem kaufen sie Igelhäuser zum Überwintern, welche von Tierschutzorganisationen, Tierbedarfsläden und online angeboten werden, weil es in vielen Garten gar kein Laub mehr gibt. Alles ist dem Laubsauger zum Opfer gefallen, damit der Garten so ordentlich wie das Wohnzimmer für den Winter hergerichtet ist.
Ganz engagierte „Igelfreunde“ fangen die Igel ein, setzten sie auf die Waage und wenn ihr Gewicht nur wenige Gramm unter 500 g liegt, dann kommen sie in einen Schuhkarton und werden in die nächste Igelstation oder in ein Tierheim gebracht.

Dort müssen sie oft in warmen Räumen gehalten und werden täglich gefüttert, können also keinesfalls einen artgerechten Winterschlaf halten. Wenn sie so den Winter überstehen, werden sie irgendwo ausgewildert, keinesfalls in ihrem früheren Revier, weil ja niemand weiß, wo das war. Dort treffen sie auf einen schon vorhandenen Revierbesitzer, der sie vertreibt oder den sie vertreiben, je nachdem welcher von beiden den Winter besser überstanden hat, oft bezahlt das einer von beiden mit dem Leben.

Wenn Sie sehen, wie ein Gartenbesitzer seinen Garten laubfrei macht und ihm vorschlagen, doch eine gewisse Laubmenge für die Igel und ihren Winterschlaf übrig zu lassen, werden Sie selten auf Gegenliebe stoßen. „Wir wollen das Zeug nicht in unserem Garten!“ ist noch das freundlichste Argument, das Sie erwarten können.


Ein Igel marschiert im Sonnenschein auf Futtersuche durch den Garten.


Wenn Sie mehr über unsere Igel wissen wollen, um sie beim Überwintern unterstützen zu können, schauen Sie in diesem Blog nach unter Igel, Igelnahrun, Igel und Gartenzäune.

Dr. Beate Buer-Weber
7. 10. 15

14. September 2015

Artgerechte Schweinehaltung im Wald


Auf einem Informationschild der Bayerischen Forstverwaltung sieht man die Novemberszene im Stundenbuch Très Riches Heures des Duc de Berry, der berühmtesten Buchmalerei des französischen Mittelalters. Sie zeigt den Austrieb der Schweine in den Wald als Sinnbild des Herbstes. 

Die Eichelmast war in Mitteleuropa eine bis ins 19. Jahrhundert weitverbreitete landwirtschaftliche Praxis. Hausschweine wurden in die Eichen- und Buchenwälder getrieben, damit sie sich dort an den Eicheln und Eckern satt fraßen. Damit wurde ein kerniges Fleisch erzeugt, das sich besonders für die Haltbarmachung durch Räuchern eignete. Die Schweine durchwühlen den Boden nach essbaren Wurzeln, Würmern, Schnecken, Insekten und Kleinsäugetieren. Bei der Suche nach Nahrung verwühlen sie einen Teil der auf dem Boden liegenden Eicheln und verschaffen ihnen so bessere Keimbedingungen. Die Waldweide durch Schweine hat dadurch auch durchaus positive Auswirkungen für den Wald.

Lichte „Hutewälder“ aus Eichen, aber auch Buchen und Kastanien, gehörten seit dem Mittelalter zum typischen Landschaftsbild. Sie sind heute selten geworden, haben aber eine hohe ökologische Bedeutung und stehen oft unter Naturschutz.
Die alten Eichen und Buchen dienen mit ihrem hohen Totholzanteil vielen seltenen Tierarten, wie z. B. dem Hirschkäfer und einer Vielzahl von anderen Tieren als Lebensraum.


So ähnlich könnte ein ehemaliger Hutewald für die herbstliche Schweinemast mit seinen uralten Eichen heute aussehen


 
Hirschkäfer kennt wohl jeder – das sind aber fast immer Männchen.
Hier ein Weibchen, ebenfalls ein stattliches Tier, ohne die es keine Männchen mit ihren eindrucksvollen Zangen gäbe. Fotografiert in der Nähe eines ehemaligen Hutewaldes mit mächtigen Eichen und viel Totholz.


Heute noch bekannt ist die Eichelmast in Südspanien und Portugal bei dem oft halbwild gehaltenen und in Korkeichen- und Steineichenhainen gemästeten Iberischen Schwein, das den bekannten iberischen Eichelschinken (Jamón Ibérico de Bellota) liefert.
Auch in Mittelitalien und Kroatien ist die Eichelmast für Schweine eine wichtige Säule der Landwirtschaft. 



Auf den Eichen wachsen die besten Schinken – unter diesem Motto entstand 2003 die erste deutsche Eichelmasthaltung von Schweinen in Unterfranken bei der Stadt Iphofen.

Inzwischen sind in mehreren Regionen in Deutschland - auch bei uns in Mittelfranken erfolgreiche Versuche mit der Schweinemast im Wald gemacht worden. Ich will hier aber nicht für die Gourmets sprechen oder für die Forstwirtschaft, hier möchte ich nur berichten, wie ich mich als Tierfreundin gefreut habe, solche weitgehend artgerecht gehaltenen Schweine im Wald anzutreffen, die mit ihrem Leben sehr zufrieden schienen. Sie wühlten zusammen mit einem Kumpel im Boden, lagen in Zweier- oder Dreiergruppen im Schatten und genossen das frische Wasser, das der Landwirt ihnen gerade brachte. 

 
 Schweinehaltung im Wald in Oberlaimbach


Es gibt viele Tierfreunde, die nicht nur Hunde und Katzen lieben, sondern auch Nutztiere, die aber nicht auf Fleisch verzichten wollen. Für sie wäre das Fleisch von diesen Schweinen eine akzeptable Alternative. Die Schweine haben nicht nur ein artgerechteres, angenehmeres, sondern auch ein längeres Leben. Je nachdem in welchem Alter die Haltung im Wald beginnt und wie viel zugefüttert wird, dauert die Mast länger als im Stall und damit auch das Leben der Schweine. 


 Mittleres Schwein:
Cornwall-Schwein gekreuzt mit Deutschem Edelschwein – daher gefleckt 



Die „Initiative Tierwohl“ die in der zweiten Jahreshälfte 2014 gestartet wurde und zunächst für drei Jahre angelegt ist, ist ein Versuch, die Schweinehaltung zu verbessern. Landwirte und der Lebensmitteleinzelhandel werben damit, dass sie daran teilnehmen. Letzterer zahlt pro verkauftem Kilogramm Fleisch, vier Cent in einen Fonds – im Jahr 100 Millionen – das Geld kommt jenen Schweinehaltern zugute, die damit die gesetzlich vorgeschriebenen Haltungsbedingungen verbessern, wenn sie  ihren Tieren mehr Platz als üblich bieten, Auslauf gewähren und die Gelegenheit geben, sich zu beschäftigen, zu wühlen oder zu scheuern, aus einer offenen Tränke zu trinken oder Stroh in der Box zu haben. Gesetzlich vorgeschrieben ist für ein Schwein z. B. eine Fläche von 0,75 m² pro Schwein, sie kann dann auf 0,90m² erweitert werden. Welch eine armselige Verbesserung für das Schwein, welch ein Armutszeugnis für den Tierschutz, dass man solche Verbesserungen nicht gesetzlich durchsetzten kann, sondern erkaufen muss.



Ein Schwein labt sich in der Sommerhitze an dem frischen Nass
Dr. Beate Buer-Weber




 

18. August 2015

Friedhof, Würde und Artenschutz


Kathedrale des Leben – Uralte Eiche auf einem Friedhof


Die Gebete waren verklungen. Sie hatten ihn in die Hände des Herrn zurück gegeben. „Von Erde bist Du genommen, zu Erde sollst Du werden.“ Das hatte der Pfarrer gesagt. Einer der Trauergäste dachte: Wenn sie ihn nun wirklich mit seinem Grab dem Herrn überlassen? Wie würde er das Grab gestalten? Was würde seine Natur auf dem Grab wachsen lassen? Ein Grabmal aus Marmor oder eine Platte aus rotem Granit, hochglanzpoliert? Doch das waren unmögliche Gedanken. Er verscheuchte sie. Die Hinterbliebenen würden das Grab schon richtig gestalten. Würdig, wie alle anderen Gräber auch, schon wegen der Leute und wegen der Friedhofsordnung.


  Alter Grabstein als Treppenstufe
 Name auf dem Foto gelöscht

Grabstein als Treppenstufe
Aber die Gedanken wollten nicht weichen. Können Menschen etwas schaffen, was die Würde der Schöpfung übertrifft? Und wie lange bliebe diese Würde dann erhalten? 20 Jahre – die übliche Liegezeit? Aber die kann man ja verlängern. Doch danach? Nachdenklich verließ er den Friedhof. Da fiel sein Blick auf ein paar Stufen zum kleinen Fluss. Alte Grabmale. Man hatte sie zum Wasserholen gelegt. Auf einem stand gemeißelt: Hier ruht in Gott mein lieber Gatte u. Vater. 1908 war er gestorben, vor über hundert Jahren. Doch der Stein hatte unendliche Zeiten tief im Gebirge gelegen. Dann wurde er gebrochen und zum Grabmal. Wie lange müsste er noch als Stufe zum Wasserholen dienen? Und was war mit der Würde?

Die Natur würde das Grab ergrünen lassen
Der solche Gedanken hatte, war Biologe. Biologie ist die Wissenschaft vom Leben. Leben ist mit dem Sterben so eng verknüpft wie Bild und Spiegelbild. Neues kann nur kommen, wenn Altes geht. Das wusste er. Und er wusste auch, was die Natur mit dem frischen Grab machen würde. Sie würde es ergrünen lassen. Erst mit Pionierpflanzen, vielleicht mit Klatschmohn und Kamille oder Löwenzahn, mit Vogelmiere oder Ackerstiefmütterchen, sicher auch mit Gras oder Melde. Auf jeden Fall mit Pflanzen, die nicht mehr Unkräuter genannt werden dürfen, aber trotzdem bekämpft werden. Umsonst zwar, denn tausende ihrer Samenkörner warten im Boden darauf, endlich keimen zu können, wenn sie beim Jäten mit etwas Erde wieder ans Licht kommen. Klatschmohn bleibt sogar hundert Jahre keimfähig.


Ein Eichensämling, ganz unscheinbar zwar, aber könnte leicht 500 Jahre wachsen. Was wäre im Jahre 2515 mit dem Grab? Was mit der Würde?



Bäume und Sträucher würden kommen
Im zweiten Jahr würden mehrjährige Kräuter erscheinen, wie Weidenröschen oder Fingerhut, Beifuß oder Ampfer oder Brennnesseln. Es kämen Sträucher wie Heckenrosen und Holunder. Aber auch Birken, Ahorn oder Linden kämen als Samen angeflogen. Vielleicht würde ein Eichhörnchen oder ein Eichelhäher seinen Wintervorrat an Eicheln und Nüssen vergessen. Dann würden sie keimen und wachsen und die Bäumchen mit den Jahren zu Bäumen werden. Ganz normal wäre diese Sukzession und kein Zweifel: Gott würde Bäume wachsen lassen.

Teuer und tot

Sauber und ordentlich – aber vergewaltigt und tot
Am nächsten Tag besuchte er mit mehr Zeit noch einmal den Friedhof. Doch was er sah und hörte, war schlimm. Die Wege waren asphaltiert – sauber, aber tot. Wo noch nicht, fehlte ebenfalls jedes Kräutlein. Ausgegrast oder weg gespritzt – sauber, aber tot. Alle Gräber in Reih und Glied, aktenfähig, exakt in Stein gefasst oder ganz unter polierten Platten begraben. Hochglänzende, teure Sauberkeit, aber tot. Wo noch nackte Erde war, hatte man sie penibel geharkt oder unter Zierkies versteckt. Ordentlich, aber tot. Zwar standen überall Blumen in Vasen und Schalen, hochgezüchtet und viele Exoten darunter. Fremdlinge, die einem nur leidtun können. Sie leben, um auf dem Friedhof zu sterben. Sehr selten heimische Pflanzen. Alles mit hohem Aufwand an Dünger, Spritzmitteln und Energie produziert. Umweltbelastend, nur weil es uns gefällt und wegen der Leute und der Würde. Als Lebensraum und Nahrung für unsere bedrängte Tierwelt völlig unbrauchbar. Leute schleppen schwere Gießkannen. Daher das Treppchen aus ausgedienten Grabsteinen hinunter zum kleinen Fluss. Von früher zwar, denn jetzt gibt es Wasserhähne. Ein Fortschritt, denn ein Kult des Gießens muss sein, um diese Scheinnatur wenigsten vorübergehend zu erhalten. Ihr trauriges Ende aber will niemand sehen. Er sah es trotzdem: in dem gut versteckten großen Abfallkasten. Dabei blühen Blumen, um Frucht zu tragen. Spüren wir nicht mehr, wie sehr wir die Natur vergewaltigen?


Endstation Abfallkasten

Zwei Birkenkätzchen-Schuppen und vier ultraleichte Flugsamen


Der Dreck der Birke – ein Wunder
Eine ältere Frau sucht ein paar Herbstblättchen aus den Begonien. „Jeden Herbst dieser Dreck“, sagt sie geplagt. Aber früher war es noch schlimmer. Sie deutet auf einen Baumstumpf neben dem Grab. Der Rest einer etwa 40jährigen Birke, man erkennt es noch. Es ist wohl das Grab ihres verunglückten Sohnes. Hier hat die Natur keine Chance, jedenfalls noch nicht, auf Dauer aber schon. Er nickt nur schweigend und wagte nicht zu sagen, was er dachte: Der „Dreck“, das waren die Samen der Birke, winzige Segelflieger, von den Botanikern Flügelnüsse genannt und so leicht, dass zweitausend nur ein gutes Gramm wiegen. Jahr für Jahr produziert sie davon viele Millionen, die der Wind verweht und jeder von ihnen kann eine prächtige neue Birke werden. Der Dreck ist ein Wunder.

Baumkronen - Kathedralen des Lebens
Doch der Friedhof war groß und der neue ging in den alten über. Hatten sie früher alles besser gemacht? Oder fehlte mit den Jahren nur die liebevolle Pflege? Oder die Kraft oder das Geld, um die Natur zu verdrängen? Hier jedenfalls standen Bäume. Ein ausladender Ahorn und eine mächtige Eiche. Ihre Kronen warfen kühle Schatten. Er sah hinauf. Wie­ die Kuppel eines Domes, eine Kathedrale des Lebens, dachte er und fühlte ihre Würde. Diese Würde war anders, nicht penibel und auftrumpfend, sondern mächtig und stark. Es war die Würde der Natur. Noch fühlen wir sie, wie gut.


Harmlose Wespenart in Grableuchte 

 
In den Kronen gurrten Tauben. Unten scharrte eine Amsel im Laub. Ein armdicker Efeustrang schien das alte Grabmal zu stützen. Eine Kreuzspinne saß regungslos in ihrem Radnetz. Daneben breitete sich Immergrün aus. Hummeln besuchten seine blauen Blüten. Sie flogen immer dieselbe Stelle unter dem Efeu an. Er wusste, dort war ihr Nest, aber auch, dass alle einheimischen Hummelarten auf der Roten Liste stehen und manche schon nicht mehr zu finden sind. Aber hier blieben sie unbehelligt. In einer Grableuchte aus Bronze verschwand eine Feldwespe. Er öffnete vorsichtig das Türchen und sah ihre Wabe aus Papier. Ein kleines Meisterwerk. Zwischen den Grabeinfassungen waren junge Ahornbäumchen aufgelaufen und sogar einen Birnenwildling fand er. Die Geschichte des Herrn von Ribbeck auf Ribbeck im Havelland fiel ihm ein. Heute wirklich undenkbar? Denken zumindest darf man sie noch.


 
Friedhofsmauer – Paradies für Flechten und Moose

Paradies aus zweiter Hand
Noch weiter hinten kam er an die Friedhofsmauer. Sandstein, stark verwittert, der Kalkmörtel bröckelte aus den Fugen. Das Alter sah man ihr an, aber sie stand und sie lebte. Auf der Mauerkrone kleine Moospolster und Flechten dicht an dicht, Mischwesen aus Pilzen und Algen, die fast nur von Luft und Wasser leben. Mindestens fünf verschiedene Arten zählte er. Eine Eidechse huschte davon, ein Tausendfüßler verschwand unter einer Mauerraute. Das ist ein bescheidener Farn, der sich mit einem Schöllkraut eine Mauerritze teilte. Das Schöllkraut, das mit dem gelben Milchsaft, hatten Ameisen als Samen herangeschleppt. An einer Stelle hing wilder Wein über die Mauer.

Schöllkraut und Mauerrauten (Farn) teilen sich eine Mauerritze

Ganz kurz nur ließ sich ein Tagpfauenauge auf einer Kanadischen Goldrute, die dort aufgelaufen war. Am Anfang war das Tagpfauenauge ein winziges Ei, dann eine Raupe, dann eine Puppe und aus der ist es geschlüpft. Ein Wunder und ein Lehrstück für unseren Hochmut. Niemand kann das nachmachen. Doch das Tagpfauenauge kann nur leben, wenn seine Raupen Brennnesseln als Futter finden. Vielleicht die paar Pflanzen, die man hinter der Abfallkiste übersehen hatte. Dort hatte jemand einen Nistkasten aufgehängt. Die Jungen waren wohl schon ausgeflogen, aber das Flugloch zeigte noch deutliche Spuren. Hier war der Friedhof zu einem Paradies aus zweiter Hand geworden.



Tagpfauenauge auf Kanadischer Goldrute




Für wechselwarme Eidechsen sind sonnige Stellen und polierte Steine auf dem Friedhof ein Paradies. Die Steine heizen sich auf und halten die Wärme wie eine Wärmeplatte.
Drei Eidechsen lauern auf der Grabumrandung aus Marmor, eine weitere liegt rechts unter den Blumen. Sie jagen fette schwärmende Ameisen.




Niemals aufgeben
Er wollte die Mauerraute noch fotografieren. Das sah ein alter Mann, kam näher und meinte: Die Mauer müsste auch mal wieder in Ordnung gebracht werden. Früher habe ich das gemacht. Aber jetzt kann ich nicht mehr so. Was sollte er dazu sagen? Er nickte nur und dachte: Gott sei Dank, er kann nicht mehr so! Entmutigt verließ er den Friedhof. Was konnte er schon ändern? Beim Hinausgehen sah er, dass einige Ahornsamen auf dem Zierkies eines Grabes gelandet waren und dachte: niemals sollte man aufgeben und es immer wieder versuchen. Die Natur gibt ja auch nicht auf. Sie macht uns immer neue Angebote, auch wenn wir sie immer wieder ausschlagen. Aber sie hat den längeren Atem. Es stimmt: Gott würde Bäume wachsen lassen!

Dr. Friedrich Buer
9. August 2015


 
















24. Juli 2015

Vogeltränke - ein Segen für die Besucher und eine Attraktion für die Beobachter

Wasser ist Leben. Den Werbespruch kennt jeder. Aber Wasser macht auch Spaß, zum Beispiel in einer Vogeltränke. Und zwar nicht nur im Sommer bei Hitze und Trockenheit, sondern auch im Winter bei Eis und Schnee. Immer etwas los. Und zuschauen, das ist Natur live, ein Erlebnis und ganz was anderes als Natur aus der Konserve im Fernsehen. Dazu ein paar Tipps, die sich in vielen Jahren bewährt haben.

1. Der Standort sollte erhöht sein, am besten etwa ein Meter hoch. Dann ist er sicher und bequem zu pflegen.

2. Die Umgebung sollte frei und übersichtlich sein, weil Vögel zu Recht Katzen fürchten.


Ein Amselvater erholt sich von der Jungenaufzucht


3. Wenn die Tränke vor einem Fenster steht, kann man die Besucher schön beobachten. Die Bilder in diesem Blog sind vom Arbeitstisch unserer Küche aus durch das geschlossene Fenster gemacht worden. Freistehend auf dem Balkon oder der Terrasse wäre auch ein guter Standort.



4. Die Tränke muss flach wie ein größerer Suppenteller sein. Dann kann man schnell das Wasser mit einer Spülbürste raus wischen und frisches einfüllen. Das ist nötig, denn nach dem Baden verringern Vögel vor dem Start gern ihr Fluggewicht und der Ballast (Sie wissen schon) klackst fast immer in die Tränke. Ein steiler Rand ist deshalb unbrauchbar.

Feldsperlinge sind gesellige Burschen. Sie machen viel gemeinsam.


5. Im Winter bei Frost muss man warmes Wasser einfüllen und wieder raus wischen, bevor es zu Eis gefriert. Es wird gierig getrunken und begeistert darin gebadet, offensichtlich eine Marktlücke und ein ganz besonderer Badespaß. Unwillkürlich drängt sich ein Vergleich mit den Affen (Japanmakaken, Macana fuscata) auf, die bei Yudanaka in Japan im Winter in warmen Quellen baden. Menschen mögen das auch.


Tauben baden auch im Winter gern 


6. Da auch Bienen und andere Insekten kommen, ist ein großer rauer Kieselstein als Landeplatz beliebt. Hier trinkt eine harmlose Feldwespe, deren kleine Kugelnester aus Papier oft unterm Dach gefunden werden.


Honigbienen, Wildbienen, Hummel und Wespen lernen schnell, wo es Wasser gibt


7. Meist bilden sich nach einiger Zeit braune oder blaugrüne glitschige Beläge. Die sind harmlos und verbessern die Wasserqualität durch Selbstreinigung. Die Oberfläche ist oft rotbraun durch Eisenoxid gefärbt. Kratzt man den Belag ab, ist es darunter blauschwarz, wie unten in der Bildmitte. Es handelt sich dabei um einen Biofilm, eine Lebensgemeinschaft von Blaualgen (Cyanobakterien) und anderen Mikroorganismen. So kann man sich die ersten pflanzlichen Lebewesen vor 3,5 Milliarden Jahren vorstellen. Ihre fossile Reste findet man als Stromatolithe in der Pibara-Region in Westaustralien. Sie sind der Ausgangspunkt unserer Artenvielfalt. Biofilme sind heute ein wichtiger Forschungsgegenstand.


 Biofilm - eine Lebensgemeinschaft von Algen und anderen Mikroorganismen


Eine Weinbergschnecke interessiert sich für den Algenbelag. Baden ist nicht ihre Sache
 
8. Moderne Ferngläser kann man wie Lupen vom Sessel aus verwenden, weil ihr Nahpunkt, das ist die minimale Distanz, bis der noch scharf gesehen wird, nur wenige Meter beträgt. Dann sieht man, was man normalerweise nicht sieht – ein ganz besonderes Erlebnis.




Der Grünfink trinkt gern, badet aber nicht


 Die Mönchsgrasmücke, hier die Mutter mit der braunen Kappe, ist der absolute Badefan. Anschließend ist kaum noch Wasser in der Tränke, sie muss nachgefüllt werden.

Dr. Friedrich Buer
23.Juli 2015

















17. Juli 2015

Alpakas im Haubentaucher-Look und was das mit Artenvielfalt und Artenschutz zu tun hat

Man muss heute schon mit allem rechnen. Wer Zebrabarben mit dem Leuchtgen von Quallen zum Leuchten bringt und in den internationalen Zierfischhandel bringt, dem ist alles zu zu trauen. Aber hier ist alles ganz harmlos. Die Alpakas sind nur geschoren, bis auf den Kopf, denn ihre Wolle ist begehrt. Doch begeistert sind sie davon nicht.

Alpakas im Haubentaucher-Look. Rechts im Hintergrund ein weiteres Exemplar
Gesehen in Bühlberg bei Burg Hoheneck in Mittelfranken


Synthetische Fasern haben der Wolle in den letzten Jahrzehnten immer mehr Konkurrenz gemacht und sie an den Rand gedrängt. Tatsächlich haben Synthetics neue, nützliche und vorteilhafte Eigenschaften, auf die man nicht mehr verzichten möchte. Aber die Werbung hat vor allem die Vorteile bei der Kleidung übertrieben und mit Begriffen wie Klimamembrane und Funktionskleidung geschönt. Vielen tierischen Wolllieferanten ist das zum Verhängnis geworden. Doch jetzt zeichnet sich eine Renaissance der Wolle ab, freilich auch dank moderner Verarbeitungsmethoden. Meine eigene teure Funktionskleidung ist längst beim Müll und nicht beim Roten Kreuz gelandet. Denn was die Werbung vollmundig verspricht, kann der Alltag nicht halten. Wer kraxelt schon täglich im Sturzregen am Himalaya? Das Rascheln war für mich noch das kleinste Ärgernis.

Schafe pflegen Landschaft und Biotope und liefern Wolle


 
Was ist der biologische Hintergrund dieses Wandels?
Wolle ist ein Material, das vor jeder Witterung schützen muss, vor allem vor Kälte, Hitze und Nässe, aber auch vor Verletzungen. Außerdem muss es leicht sein und von seinen Trägern billig zu produzieren sein. Alpakas, Schafe und andere Warmblüter sind also auf ein perfektes Material angewiesen, denn ihre Körper funktionieren nur bei einer Innentemperatur von 37 bis 38 °C. Wenige Grade mehr oder weniger können schon das Aus bedeuten. Deshalb hat sich im Laufe der Evolution etwas herausgebildet, dass diese Quadratur des Kreises leistet, die Wolle eben. Gerade Alpakas, deren Heimat die Anden Südamerikas sind, müssen extremen Wetterlagen trotzen , darunter dem ständigen Wechsel von Hitze bei Tag und Kälte bei Nacht. Das schafft nur eine besonders raffinierte Wolle und die ist begehrt. Stellen wir uns vor, wir müssten unsere Wohnung bei Hitze und bei Kälte, bei Regen, Schnee und Sturm, egal ob im Winter oder Sommer immer auf 37 °C halten und das noch möglichst preiswert. Dann wird uns klar, was Wolle leistet. Aber deshalb den Alpakas den Kopf auch noch zu scheren, geht wohl zu weit. Deshalb der Haubentaucher-Look.

Wolle ist kompostierbar
Chemisch gehören Wolle, Haare, Federn, Hufe, Hörner, Nägel und Hautschuppen zu den Keratinen oder Skleroproteinen. Das sind Eiweiße, deren Bausteine aus vielen hundert mit einander verknüpften Aminosäuren bestehen. Besonders häufig ist die Aminosäure L-Cystein, die schwer wasserlöslich ist, weshalb sich Keratine sich in Wasser kaum lösen. Aber trotzdem verschwinden Wolle, Haare, Federn bei Mauser, Fellwechsel, Tod oder wenn sie weggeworfen werden wie von Zauberhand, unmerklich und geräuschlos, sie sind einfach weg. Da klappern keine Mülltonnen und lärmen keine Müllautos; Müllverbrennung, Müllmafia, Müllgebühren gibt es nicht und schon gar nicht den Zirkus mit dem Rücknahme-Pfand nach Trittin. Das alles funktioniert seit Millionen von Jahren und auch ohne Menschen.

Fingernägel aus Keratin – Vorbilder für geniales Wirtschaften

 

Eigentlich müssten wir längst in Wolle, Federn, Hörnern, Nägeln und Hautschuppen erstickt sein. Synthetics dagegen bilden bereits riesige schwimmende Teppiche in den Ozeanen und an Land liegt noch viel mehr, nur besser versteckt. So betrachtet ist der Vorteil, dass Synthetics nicht verrotten, ein Nachteil. Langsam, ganz langsam dämmert es uns, welcher Schatz Naturfasern sind.


Keratin wird gefressen
Denn in Wahrheit sind Keratine als Futter sehr begehrt. Sie werden schlicht gefressen und zwar von einer Armada von Bakterien, Pilzen, Würmern, Käfern und vielen anderen Kleintieren, die Keratine verdauen können. Sie sind meist sehr klein und leben im Verborgenen. Dazu gehören unter anderem die Hausstaubmilben, die sich wie Heinzelmännchen über unsere Hautschuppen hermachen. Weil sie laufend erneuert werden, stößt jeder Mensch täglich ein bis zwei Gramm ab; genug um 1 500 000 Milben zu ernähren. Bei diesen Zahlen ist Putzen sinnlos und fördert womöglich sogar die Neigung zu Allergien, wenn man der neuen, recht plausiblen Hygienehypothese der Allergieentwicklung folgt.

Lebensgrundlage für viele Arten
Doch diese nützlichen Winzlinge werden gefressen und die wieder von anderen und die schließlich von einem, der groß genug ist, um von uns als „Art“ gesehen und geschützt zu werden, wie zum Beispiel von einem Rotkehlchen. Beim „Verschwinden“ von Wolle, Haaren, Federn, Horn und Fingernägeln haben wir es also mit dem Startpunkt einer Nahrungskette oder zu tun, die vielen Arten das Leben möglich macht.
Diese Einsicht ist für den Artenschutz von fundamentaler Bedeutung. Polyesterfasern können das nicht. Das Nachdenken über den Haubentaucher-Look der Alpakas hat sich gelohnt.

 
Star im Prachtkleid aus Keratin

Natur und Kunst, sie scheinen sich zu fliehen
Und haben sich, eh man es denkt, gefunden;
Der Widerwille ist auch mir verschwunden,
Und beide scheinen gleich mich anzuziehen.

Johann Wolfgang von Goethe 




Kunst und Keratin – besser kann Design nicht mehr werden
Feder von einem Stockenten-Erpel

 
Dr. Friedrich Buer

15. Juli 2015





16. Juli 2015

Igel im Garten

Vor längerer Zeit haben wir bereits über die Gewohnheiten und Vorlieben der Igel berichtet, die oft unsere Gärten bevölkern. (Siehe: „Ein Herz für Igel“ – Stichwort Igel, „Der Igel und seine natürliche Nahrung“ – Stichwort Igel-Nahrung).

In diesem Kapitel wollen wir uns die Gartenzäune ansehen, die den Igeln häufig das Leben schwer machen, manchmal aber auch das Wandern von Garten zu Garten erleichtern.



Igel im Garten



Vor einem Jahr im Hochsommer traf ich beim Abendspaziergang mit meinem Hund eine andere Tierfreundin, die nach ihrem Kater Ausschau hielt. Wie es so ist, wenn sich Tierfreunde treffen,
wir standen vor ihrem Vorgarten und plauderten. Es war schon recht dunkel und Zeit zum nach Hause Gehen. Plötzlich sah ich wie auf dem Gehweg, auf dem wir standen, etwas Kleines, Dunkles rasch in unsere Richtung eilte. Eine Maus war es nicht, dafür war es zu groß, ein Ratte - nein es war kein bisschen scheu, kam direkt auf uns zu Ich machte meine Bekannte aufmerksam, sie konnte das Rätsel lösen. Es war ein Igel, der an uns vorbeimarschierte und sich zielstrebig der Tür des nächsten Gartens näherte. Die dortige Gartenbesitzerin und Tierfreundin fütterte die Igel das ganze Frühjahr und den Sommer über, was aus Tierschutzgründen natürlich abzulehnen ist , was die Igel aber gern in Anspruch nahmen.




Igel auf Wanderschaft


Für den Igel war es ein gefährlicher Weg zur Futterstelle. Was hätte ihm dabei nicht alles zustoßen können! Er musste einen Weg kreuzen, den manche Autofahrer zum Parken benutzten. Er konnte jeden Augenblick einen Hund treffen, der in ihm eine Beute sah. Viel einfacher wäre es für ihn gewesen, wenn er hinter den Wohnhäusern durch die Gärten zu seiner Futterstelle hätte gelangen können. Aber meist sind die Gärten durch Maschendrahtzäune, die fest im Boden verankert sind oder durch Metallzäune so gesichert, dass für Igel kein Durchkommen ist. Besonders schlimm ist es für den Igel, wenn er seinen Garten in der Nacht verlässt und überall im Wohnviertel auf Mauern stößt, die ihm das Weiterwandern verwehren. Wenn es sich dann noch um eine Igelmutter handelt, die ihre Igelkinder in einen anderen Garten zu einer neuen Nahrungsquelle führen will, dann wird es für alle lebensgefährlich.
Das Revier eines Igels ist je nach Qualität bis zu 4000 m² groß, das entspricht ca. 8 Gärten mit einer Größe von 500 m². Deshalb wäre es für die Igel wünschenswert, dass sie ohne Schwierigkeiten in den Nachbargarten hinüber wechseln könnten. Am einfachsten geht das, wenn die Grundstücksgrenze durch Hecken gebildet wird oder durch Holz- und Drahtzäune, die nicht ganz bis auf den Boden reichen. Wenn man einen neuen Garten anlegt und auf eine feste Einfriedung mit Betonsockel nicht verzichten will, kann man ein Igel großes Loch in die Betonmauer schneiden und so dem Igel einen Durchlass ermöglichen.




Gemauertes Fundament mit Hecke
Das Bodenniveau des Gartens ist höher als die Straße, der Igel kommt leicht heraus, aber nicht mehr hinein




 Natursteine, die lückenlos aufeinander liegen




Flache Steine an der Basis der Mauer, mit Pflanzen bewachsen und Lücken. Hier können Igel hinein und hinaus und sich auch verstecken.



Die untersten Steine liegen schräg und breite Spalten ermöglichen den Igeln ein bequemes Durchkommen




Sehr schönes, aber igelfeindliches Mäuerchen




 
Bei einem schmiedeeisernen Türchen oder einem Zaun muss man darauf achten, dass der verschnörkelte Zierrat nicht zu eng ist, damit die Igel nicht dazwischen stecken bleiben.




Igelloch in einem Betonfundament 



Bei einer treppenförmigen Mauer muss auch das Gefälle ausgeglichen werden.


Beate Buer-Weber








23. Juni 2015

Der Hund als Super-Coach für die Gesundheit und idealer Anti-Aging-Partner

Von der Wiege bis zur Bahre
 Chromo-Lithographie der Dresdner Firma May um 1900.
 Der 90-Jährige rechts unten hat einen Hund als Altersfreund. Damals hatten neugeborene Jungen eine Lebenserwartung von 46 Jahren, Mädchen von 52 Jahren. Welcher 50-Jährige sieht heute so aus wie auf dieser Lithographie. 

Wir alle wollen alt werden, wir wollen aber nicht alt sein. Wir wollen möglichst nicht an Altersbeschwerden leiden. Also müssen wir rechtzeitig etwas dagegen tun. Im Alter treten oft Gangstörungen auf, oft verbunden mit Stürzen. Sie können verursacht sein durch Störungen an Muskeln, Gelenken, Nerven und durch eine beeinträchtigte Gehirnfunktion. Sinnvoll ist ein Training, um Gangsicherheit und Hirnleistung zu verbessern.
 Wie ist bei vernünftiger (oder artgerechter Lebensweise) heute die Lebenserwartung von Mensch und Tier?


Hühner können 20 bis 30 Jahre alt werden. Als armes Hähnchen aber nur wenige Wochen. Jedes von ihnen könnte ein prächtiger Hahn werden.

Hausmaus gefangen in einer Reusenfalle. 
 So kann man sie lebend ins Freie setzen. Ihre Lebenserwartung bei der Geburt beträgt nur wenige Monate, als Haustier aber bis zu vier Jahre.


Esel werden 35 bis 50 Jahre alt. Der älteste Esel soll sogar 100 geworden sein.


Hand in Händchen.
 Heute liegt die Lebenserwartung Neugeborener bei 78 Jahren für Jungen und 83 Jahren für Mädchen. Wir werden also deutlich älter. Doch der Weg von der Wiege bis zu Bahre ist unausweichlich, aber wir können ihn verlängern und angenehmer gestalten.



Wer rastet der rostet
Jeder weiß das und spürt das, wenn er längere Zeit das Bett hüten musste. Danach steht man ganz wackelig auf den Beinen, als ob man das Gehen erst wieder lernen müsste. Warum ist das so? Weil unser Organismus ganz streng auf Sparsamkeit getrimmt ist. Er spart alles ein, was nicht unbedingt gebraucht wird. Werden die Muskeln weniger benutzt, bilden sie sich zurück. Aber die Muskeln müssen auch gesteuert werden und das übernimmt das Gehirn. Wird die Steuerung weniger gebraucht, werden auch die zuständigen Bereiche des Gehirns zurück gefahren. Deshalb dieses Wackeln auf den Beinen nach längerer Bettruhe. Da aber in unserem Körper alles miteinander vernetzt ist, greift der Sparkurs  auch auf die geistigen Fähigkeiten über. Schon nach wenigen Tagen Bettruhe leistet das Gehirn messbar weniger.
Zum Glück lässt sich dieser Vorgang umkehren.

Sich regen bringt Segen
Wenn wir uns wieder mehr bewegen, werden die Muskeln mehr gefordert und bauen sich wieder auf und zur Steuerung muss das Gehirn mehr leisten. Schon beim Stehen fließt viel mehr Blut durch das Gehirn und erst recht beim Gehen, beim schnellen Gehen sogar doppelt so viel und davon profitieren alle Bereiche des Gehirns. Leider gibt ein Problem: Wir müssten uns regelmäßig bewegen. Aber da hilft uns der Hund.


Im Tierheim freut sich  Rocky - jetzt Timpetu - wenn er spazierengehen darf. 


Hund als Freund und Helfer
Ein Spaziergang am Sonntag reicht nicht. Freunde und Bekannte begleiten uns eher selten, schon gar nicht, wenn das Wetter schlecht ist. Wer aber einen Hund hat, der ist gut dran. Denn ein Hund will laufen. Das ist seine Natur und zwar noch ausgeprägter als es unsere ist. Er bellt und hüpft er vor Begeisterung und Freude. Endlich geht es los! Jeder wird von dieser Freude angesteckt. Also gehen wir mit ihm, viel öfter und weiter als ohne ihn, und schon bald ist uns auch das Wetter egal.


Spaß im Schnee 


Aber es kommt noch besser
Um gesund zu bleiben, brauchen wir Kontakte zu anderen Menschen und eine sinnvolle Aufgabe. Jungen Menschen knüpfen solche leicht, aber älteren fällt es oft schwer. Einsamkeit und Traurigkeit sind die Folgen und die machen krank, erst seelisch und dann körperlich. Ein Hund verscheucht diese Plagen. Er wird schnell zum treuen Freund und zu einer dankbaren Aufgabe. Wer mit einem Hund geht, geht leichter auf andere Menschen zu. Man kennt sich und unterhält sich, oft kennt man den Namen des Hund, weiß aber nicht wie sein Besitzer heißt. Die Hunde verbinden und bieten immer neuen Gesprächsstoff. Deshalb sind Hunde ideale Partner für ausreichende Bewegung, soziale Kontakte und ein gesundes Leben. Sie sind die idealen Anti-Aging-Partner.

Auch wenn das Wetter nicht so gut ist, gehen Hunde gerne spazieren.


Das Tierheim hilft
Was aber, wenn man keinen Hund halten kann? Dann hilft das Tierheim in der Nähe. Dort werden immer Gassi-Geher gesucht, welche die Tierheimhunde gelegentlich ausführen. Da kann man genau den Hund finden, der zu einem passt. Manche gehen allein, andere zu zweit und einige auch in Gruppen. Und die Hunde sind begeistert! Schon das allein ist mehr als ein Dankeschön.



Timpetu bringt Herrchens Schuh
Unser Timpetu war fünf Jahre lang im Tierheim, weil niemand das Rauhbein haben wollte. Rocky, sein damaliger Name, sprach für sich. Doch zweimal die Woche bin ich mit ihm Gassi gegangen und das bei wirklich jedem Wetter. Wenn er mich kommen sah, war er völlig außer sich vor Freude, ließ sich kaum anleinen, riss mit der Leine fast den Türpfosten um und zog mich hinaus zu den Wiesen und zum Nesselbach. Inzwischen lebt er ganz bei uns, darf täglich mehrmals spazieren gehen und lässt es ruhiger angehen. Aber wenn er merkt, gleich geht es los oder gleich sollte es los gehen, dann freut er sich, bringt Herrchens Schuh oder sein Kissen und zeigt, was er von uns erwartet.


Timpetu wartet darauf, dass sein Herrchen Zeit für einen Spaziergang hat. Ob der wohl das mit dem Schuh versteht? 



Wozu er wohl das Kissen beim Spaziergang mithaben will?


Wer kann da widerstehen? Und endlich wieder draußen, sehen und spüren wir, wie glücklich und zufrieden unser Hund ist. Es ist, als ob er weiß, dass er der Super-Coach für unsere Gesundheit ist.

Dr. Friedrich Buer
Dr. Beate Buer-Weber








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