24. Juli 2015

Vogeltränke - ein Segen für die Besucher und eine Attraktion für die Beobachter

Wasser ist Leben. Den Werbespruch kennt jeder. Aber Wasser macht auch Spaß, zum Beispiel in einer Vogeltränke. Und zwar nicht nur im Sommer bei Hitze und Trockenheit, sondern auch im Winter bei Eis und Schnee. Immer etwas los. Und zuschauen, das ist Natur live, ein Erlebnis und ganz was anderes als Natur aus der Konserve im Fernsehen. Dazu ein paar Tipps, die sich in vielen Jahren bewährt haben.

1. Der Standort sollte erhöht sein, am besten etwa ein Meter hoch. Dann ist er sicher und bequem zu pflegen.

2. Die Umgebung sollte frei und übersichtlich sein, weil Vögel zu Recht Katzen fürchten.


Ein Amselvater erholt sich von der Jungenaufzucht


3. Wenn die Tränke vor einem Fenster steht, kann man die Besucher schön beobachten. Die Bilder in diesem Blog sind vom Arbeitstisch unserer Küche aus durch das geschlossene Fenster gemacht worden. Freistehend auf dem Balkon oder der Terrasse wäre auch ein guter Standort.



4. Die Tränke muss flach wie ein größerer Suppenteller sein. Dann kann man schnell das Wasser mit einer Spülbürste raus wischen und frisches einfüllen. Das ist nötig, denn nach dem Baden verringern Vögel vor dem Start gern ihr Fluggewicht und der Ballast (Sie wissen schon) klackst fast immer in die Tränke. Ein steiler Rand ist deshalb unbrauchbar.

Feldsperlinge sind gesellige Burschen. Sie machen viel gemeinsam.


5. Im Winter bei Frost muss man warmes Wasser einfüllen und wieder raus wischen, bevor es zu Eis gefriert. Es wird gierig getrunken und begeistert darin gebadet, offensichtlich eine Marktlücke und ein ganz besonderer Badespaß. Unwillkürlich drängt sich ein Vergleich mit den Affen (Japanmakaken, Macana fuscata) auf, die bei Yudanaka in Japan im Winter in warmen Quellen baden. Menschen mögen das auch.


Tauben baden auch im Winter gern 


6. Da auch Bienen und andere Insekten kommen, ist ein großer rauer Kieselstein als Landeplatz beliebt. Hier trinkt eine harmlose Feldwespe, deren kleine Kugelnester aus Papier oft unterm Dach gefunden werden.


Honigbienen, Wildbienen, Hummel und Wespen lernen schnell, wo es Wasser gibt


7. Meist bilden sich nach einiger Zeit braune oder blaugrüne glitschige Beläge. Die sind harmlos und verbessern die Wasserqualität durch Selbstreinigung. Die Oberfläche ist oft rotbraun durch Eisenoxid gefärbt. Kratzt man den Belag ab, ist es darunter blauschwarz, wie unten in der Bildmitte. Es handelt sich dabei um einen Biofilm, eine Lebensgemeinschaft von Blaualgen (Cyanobakterien) und anderen Mikroorganismen. So kann man sich die ersten pflanzlichen Lebewesen vor 3,5 Milliarden Jahren vorstellen. Ihre fossile Reste findet man als Stromatolithe in der Pibara-Region in Westaustralien. Sie sind der Ausgangspunkt unserer Artenvielfalt. Biofilme sind heute ein wichtiger Forschungsgegenstand.


 Biofilm - eine Lebensgemeinschaft von Algen und anderen Mikroorganismen


Eine Weinbergschnecke interessiert sich für den Algenbelag. Baden ist nicht ihre Sache
 
8. Moderne Ferngläser kann man wie Lupen vom Sessel aus verwenden, weil ihr Nahpunkt, das ist die minimale Distanz, bis der noch scharf gesehen wird, nur wenige Meter beträgt. Dann sieht man, was man normalerweise nicht sieht – ein ganz besonderes Erlebnis.




Der Grünfink trinkt gern, badet aber nicht


 Die Mönchsgrasmücke, hier die Mutter mit der braunen Kappe, ist der absolute Badefan. Anschließend ist kaum noch Wasser in der Tränke, sie muss nachgefüllt werden.

Dr. Friedrich Buer
23.Juli 2015

















17. Juli 2015

Alpakas im Haubentaucher-Look und was das mit Artenvielfalt und Artenschutz zu tun hat

Man muss heute schon mit allem rechnen. Wer Zebrabarben mit dem Leuchtgen von Quallen zum Leuchten bringt und in den internationalen Zierfischhandel bringt, dem ist alles zu zu trauen. Aber hier ist alles ganz harmlos. Die Alpakas sind nur geschoren, bis auf den Kopf, denn ihre Wolle ist begehrt. Doch begeistert sind sie davon nicht.

Alpakas im Haubentaucher-Look. Rechts im Hintergrund ein weiteres Exemplar
Gesehen in Bühlberg bei Burg Hoheneck in Mittelfranken


Synthetische Fasern haben der Wolle in den letzten Jahrzehnten immer mehr Konkurrenz gemacht und sie an den Rand gedrängt. Tatsächlich haben Synthetics neue, nützliche und vorteilhafte Eigenschaften, auf die man nicht mehr verzichten möchte. Aber die Werbung hat vor allem die Vorteile bei der Kleidung übertrieben und mit Begriffen wie Klimamembrane und Funktionskleidung geschönt. Vielen tierischen Wolllieferanten ist das zum Verhängnis geworden. Doch jetzt zeichnet sich eine Renaissance der Wolle ab, freilich auch dank moderner Verarbeitungsmethoden. Meine eigene teure Funktionskleidung ist längst beim Müll und nicht beim Roten Kreuz gelandet. Denn was die Werbung vollmundig verspricht, kann der Alltag nicht halten. Wer kraxelt schon täglich im Sturzregen am Himalaya? Das Rascheln war für mich noch das kleinste Ärgernis.

Schafe pflegen Landschaft und Biotope und liefern Wolle


 
Was ist der biologische Hintergrund dieses Wandels?
Wolle ist ein Material, das vor jeder Witterung schützen muss, vor allem vor Kälte, Hitze und Nässe, aber auch vor Verletzungen. Außerdem muss es leicht sein und von seinen Trägern billig zu produzieren sein. Alpakas, Schafe und andere Warmblüter sind also auf ein perfektes Material angewiesen, denn ihre Körper funktionieren nur bei einer Innentemperatur von 37 bis 38 °C. Wenige Grade mehr oder weniger können schon das Aus bedeuten. Deshalb hat sich im Laufe der Evolution etwas herausgebildet, dass diese Quadratur des Kreises leistet, die Wolle eben. Gerade Alpakas, deren Heimat die Anden Südamerikas sind, müssen extremen Wetterlagen trotzen , darunter dem ständigen Wechsel von Hitze bei Tag und Kälte bei Nacht. Das schafft nur eine besonders raffinierte Wolle und die ist begehrt. Stellen wir uns vor, wir müssten unsere Wohnung bei Hitze und bei Kälte, bei Regen, Schnee und Sturm, egal ob im Winter oder Sommer immer auf 37 °C halten und das noch möglichst preiswert. Dann wird uns klar, was Wolle leistet. Aber deshalb den Alpakas den Kopf auch noch zu scheren, geht wohl zu weit. Deshalb der Haubentaucher-Look.

Wolle ist kompostierbar
Chemisch gehören Wolle, Haare, Federn, Hufe, Hörner, Nägel und Hautschuppen zu den Keratinen oder Skleroproteinen. Das sind Eiweiße, deren Bausteine aus vielen hundert mit einander verknüpften Aminosäuren bestehen. Besonders häufig ist die Aminosäure L-Cystein, die schwer wasserlöslich ist, weshalb sich Keratine sich in Wasser kaum lösen. Aber trotzdem verschwinden Wolle, Haare, Federn bei Mauser, Fellwechsel, Tod oder wenn sie weggeworfen werden wie von Zauberhand, unmerklich und geräuschlos, sie sind einfach weg. Da klappern keine Mülltonnen und lärmen keine Müllautos; Müllverbrennung, Müllmafia, Müllgebühren gibt es nicht und schon gar nicht den Zirkus mit dem Rücknahme-Pfand nach Trittin. Das alles funktioniert seit Millionen von Jahren und auch ohne Menschen.

Fingernägel aus Keratin – Vorbilder für geniales Wirtschaften

 

Eigentlich müssten wir längst in Wolle, Federn, Hörnern, Nägeln und Hautschuppen erstickt sein. Synthetics dagegen bilden bereits riesige schwimmende Teppiche in den Ozeanen und an Land liegt noch viel mehr, nur besser versteckt. So betrachtet ist der Vorteil, dass Synthetics nicht verrotten, ein Nachteil. Langsam, ganz langsam dämmert es uns, welcher Schatz Naturfasern sind.


Keratin wird gefressen
Denn in Wahrheit sind Keratine als Futter sehr begehrt. Sie werden schlicht gefressen und zwar von einer Armada von Bakterien, Pilzen, Würmern, Käfern und vielen anderen Kleintieren, die Keratine verdauen können. Sie sind meist sehr klein und leben im Verborgenen. Dazu gehören unter anderem die Hausstaubmilben, die sich wie Heinzelmännchen über unsere Hautschuppen hermachen. Weil sie laufend erneuert werden, stößt jeder Mensch täglich ein bis zwei Gramm ab; genug um 1 500 000 Milben zu ernähren. Bei diesen Zahlen ist Putzen sinnlos und fördert womöglich sogar die Neigung zu Allergien, wenn man der neuen, recht plausiblen Hygienehypothese der Allergieentwicklung folgt.

Lebensgrundlage für viele Arten
Doch diese nützlichen Winzlinge werden gefressen und die wieder von anderen und die schließlich von einem, der groß genug ist, um von uns als „Art“ gesehen und geschützt zu werden, wie zum Beispiel von einem Rotkehlchen. Beim „Verschwinden“ von Wolle, Haaren, Federn, Horn und Fingernägeln haben wir es also mit dem Startpunkt einer Nahrungskette oder zu tun, die vielen Arten das Leben möglich macht.
Diese Einsicht ist für den Artenschutz von fundamentaler Bedeutung. Polyesterfasern können das nicht. Das Nachdenken über den Haubentaucher-Look der Alpakas hat sich gelohnt.

 
Star im Prachtkleid aus Keratin

Natur und Kunst, sie scheinen sich zu fliehen
Und haben sich, eh man es denkt, gefunden;
Der Widerwille ist auch mir verschwunden,
Und beide scheinen gleich mich anzuziehen.

Johann Wolfgang von Goethe 




Kunst und Keratin – besser kann Design nicht mehr werden
Feder von einem Stockenten-Erpel

 
Dr. Friedrich Buer

15. Juli 2015





16. Juli 2015

Igel im Garten

Vor längerer Zeit haben wir bereits über die Gewohnheiten und Vorlieben der Igel berichtet, die oft unsere Gärten bevölkern. (Siehe: „Ein Herz für Igel“ – Stichwort Igel, „Der Igel und seine natürliche Nahrung“ – Stichwort Igel-Nahrung).

In diesem Kapitel wollen wir uns die Gartenzäune ansehen, die den Igeln häufig das Leben schwer machen, manchmal aber auch das Wandern von Garten zu Garten erleichtern.



Igel im Garten



Vor einem Jahr im Hochsommer traf ich beim Abendspaziergang mit meinem Hund eine andere Tierfreundin, die nach ihrem Kater Ausschau hielt. Wie es so ist, wenn sich Tierfreunde treffen,
wir standen vor ihrem Vorgarten und plauderten. Es war schon recht dunkel und Zeit zum nach Hause Gehen. Plötzlich sah ich wie auf dem Gehweg, auf dem wir standen, etwas Kleines, Dunkles rasch in unsere Richtung eilte. Eine Maus war es nicht, dafür war es zu groß, ein Ratte - nein es war kein bisschen scheu, kam direkt auf uns zu Ich machte meine Bekannte aufmerksam, sie konnte das Rätsel lösen. Es war ein Igel, der an uns vorbeimarschierte und sich zielstrebig der Tür des nächsten Gartens näherte. Die dortige Gartenbesitzerin und Tierfreundin fütterte die Igel das ganze Frühjahr und den Sommer über, was aus Tierschutzgründen natürlich abzulehnen ist , was die Igel aber gern in Anspruch nahmen.




Igel auf Wanderschaft


Für den Igel war es ein gefährlicher Weg zur Futterstelle. Was hätte ihm dabei nicht alles zustoßen können! Er musste einen Weg kreuzen, den manche Autofahrer zum Parken benutzten. Er konnte jeden Augenblick einen Hund treffen, der in ihm eine Beute sah. Viel einfacher wäre es für ihn gewesen, wenn er hinter den Wohnhäusern durch die Gärten zu seiner Futterstelle hätte gelangen können. Aber meist sind die Gärten durch Maschendrahtzäune, die fest im Boden verankert sind oder durch Metallzäune so gesichert, dass für Igel kein Durchkommen ist. Besonders schlimm ist es für den Igel, wenn er seinen Garten in der Nacht verlässt und überall im Wohnviertel auf Mauern stößt, die ihm das Weiterwandern verwehren. Wenn es sich dann noch um eine Igelmutter handelt, die ihre Igelkinder in einen anderen Garten zu einer neuen Nahrungsquelle führen will, dann wird es für alle lebensgefährlich.
Das Revier eines Igels ist je nach Qualität bis zu 4000 m² groß, das entspricht ca. 8 Gärten mit einer Größe von 500 m². Deshalb wäre es für die Igel wünschenswert, dass sie ohne Schwierigkeiten in den Nachbargarten hinüber wechseln könnten. Am einfachsten geht das, wenn die Grundstücksgrenze durch Hecken gebildet wird oder durch Holz- und Drahtzäune, die nicht ganz bis auf den Boden reichen. Wenn man einen neuen Garten anlegt und auf eine feste Einfriedung mit Betonsockel nicht verzichten will, kann man ein Igel großes Loch in die Betonmauer schneiden und so dem Igel einen Durchlass ermöglichen.




Gemauertes Fundament mit Hecke
Das Bodenniveau des Gartens ist höher als die Straße, der Igel kommt leicht heraus, aber nicht mehr hinein




 Natursteine, die lückenlos aufeinander liegen




Flache Steine an der Basis der Mauer, mit Pflanzen bewachsen und Lücken. Hier können Igel hinein und hinaus und sich auch verstecken.



Die untersten Steine liegen schräg und breite Spalten ermöglichen den Igeln ein bequemes Durchkommen




Sehr schönes, aber igelfeindliches Mäuerchen




 
Bei einem schmiedeeisernen Türchen oder einem Zaun muss man darauf achten, dass der verschnörkelte Zierrat nicht zu eng ist, damit die Igel nicht dazwischen stecken bleiben.




Igelloch in einem Betonfundament 



Bei einer treppenförmigen Mauer muss auch das Gefälle ausgeglichen werden.


Beate Buer-Weber